Monday, December 31, 2007

Der Mann am Nebentisch

Am Samstag war ich auf einer kleinen Geburtstagsfeier in einem Münchner Restaurant eingeladen. Wir waren etwas später dran und kamen in das Kellergewölbe. Wir entdeckten die Gäste an einem großen Tisch und noch bevor ich das Geburtstagskind ausfindig machen konnte, hatte ich direkten Blickkontakt zu einem Mann am Nebentisch.

Es schlug mich wie ein Blitz. Wie ein verdammt unangenehmer. Ich konnte nichts mehr denken, nur noch unbeholfen gratulieren. Mir wurde heiß und kalt, mein Gesicht musste versteinert gewesen sein. Mir drehte sich der Magen um und ich hatte mit einem Mal meinen Appetit verloren.

Dieser Mann sah aus wie einer meiner Ex.
Aber ich war mir nicht hundertprozentig sicher.

Was, wenn er es ist? Was soll ich dann machen? Wird er mir Hallo sagen? Wird er gar mehrere Worte wechseln wollen?

Ich drehte dem Nachbartisch schnell den Rücken zu und verlangte eine Karte.
Etwas Alkoholisches, und zwar schnell. Hausgemachte Sangria, super.
Dann flüchtete ich zum Buffet, weil es irgendwie obligatorisch war, dass alle dieses All-you-can-eat nehmen. Ich stand vor dem Buffet, was objektiv sicher sehr gut war, aber ich wollte irgendwie gar nichts nehmen.

Was, wenn er es ist? Dann kann ich da nicht sitzen bleiben. Ich kann auch nichts essen. Schon der Geruch des Essens ekelte mich an.

Ich stand noch bei den Tellern, als der Mann vom Nebentisch aufstand und Richtung Buffet lief. Er blickte mich direkt an.

Ist er das? Hat er sich so verändert? Wie lange habe ich ihn nicht gesehen? Will er jetzt etwa, dass ich mit rausgehe?

Er ging an mir vorbei. Ich musterte seine Statur. Nein, er war es scheinbar nicht.
Ich zwang mich, etwas Salat aufzuschöpfen und ging langsam zurück zum Tisch.

Ist er das? Wie kann ich mir so unsicher sein?

Einige Male drehte ich mich noch nach ihm um. Jedes Mal hatten wir sofort Blickkontakt. Als er dann wieder aufstand war ich mir sicher, dass er es nicht ist. Aber die Kleidung, die Brille, die Haare, alles hätte gepasst.
Was der arme Mann sich wohl gedacht hat als ich ihn mit meinen beinahe tödlichen Blicken immer und immer wieder traf?
Aber am meisten beschäftigt mich meine eigene Reaktion. Was hätte ich bloß gemacht, wenn er es wirklich gewesen wäre?

So geht es mir immer, wenn ich jemanden treffe, auf den ich eigentlich nicht unvorbereitet (also gefeit) treffen will: Im überfüllten Bus, bei einem kleineren Konzert, sofort habe ich direkten Blickkontakt mit der Person und mir läuft ein kalter Schauer den Rücken runter.
Aber so dermaßen auf den Appetit geschlagen hat es mir nur selten im Leben. Erst zum Dessert hin hatte ich mich von meinem vermeintlichen Schock erholt und konnte normal mitessen.

2 comments:

Anonymous said...

Hmmm, warum so unsicher? Warum nicht souverän und um die eigene Stärke wissend? - Ich wünsche Dir fürs neue Jahr alles Gute, vor allem Gesundheit - und wer weiß, vielleicht ist ja auch ein bissle Souveränität dabei...! Fühle Dich gedrückt und bestärkt...!

Anonymous said...

Wieso schauderts Dich so, einen Deiner Ex zu treffen? Du hast ja nix verbrochen, also hast Du auch nix zu befürchten