Monday, December 09, 2013

Doktor-Spielchen



Dezember ist eine gute Zeit, um über das vergangene Jahr zu resümieren. Im Frühjahr hatte ich die „Freude“, mit starken Schmerzen abends in die Notaufnahme zu gehen, und von der Assistenzärztin, die kaum älter war als ich, gleich dort behalten zu werden.
Nach einer Nacht voller Schmerzkrämpfe, in der ich nicht geschlafen habe, nur hin und wieder ohnmächtig wurde, schob mich die Ärztin dann mitsamt Bett zum Untersuchungszimmer, wo der Oberarzt entscheiden sollte, ob und wann ich operiert werde.
Auf dem Weg dorthin erblickte ich einen jungen blonden Mann, der ganz lässig in seinem Kapuzenpulli vorm Aufzug stand.
„Morgen Thorsten*, du kannst dich schon mal umziehen und nach vorne kommen, bis dahin ist Dr. Soundso auch da.“
Äh, Moment, nach vorne kommen? Was soll er denn da machen? Der hat ja hoffentlich nichts mit der Untersuchung zu tun…!
Blanke Panik kam auf. Mein lustig geringeltes Nachthemd, ein durchgeschwitztes Höschen von gestern drunter, eine Frisur wie Tina Turner, und dann dieser Jüngling auf dem Flur!
Um Gottes Willen!
Vor dem Untersuchungsraum angekommen sagte die Ärztin, ich solle mich erst mal nur auf die Bettkante setzen und warten, ob mein Kreislauf stabil bleibt. Und schon kam er um die Ecke, der blonde Sunnyboy, im weißen Kittel und mit Stethoskop.
„Guten Morgen, ich bin Thorsten Wieauchimmer*. Kommen Sie, ich helfe Ihnen.“ Sagte er mit einem bezaubernden Lächeln im Gesicht und bot mir seinen Arm an, wie ein Schüler, der einer Oma über die Straße hilft.
Super, wird ja immer besser, dachte ich mir.
Ich konnte mich vor Schmerzen kaum bewegen, musste für die Untersuchung jedoch meinen Vortags-Slip ausziehen. Etwas verkrampft stand ich mit dem Slip in der Hand in der Ecke.
„Den können Sie mir geben, ich lege ihn in Ihr Bett.“ Sagte er und streckte die Hand aus. Ich gab ihm meinen Slip und wollte auf der Stelle sterben. Oder wenigstens vom grauen Krankenhaus-Laminat verschluckt werden. Sofort. Das Erstaunliche: In dieser Situation habe ich vor lauter Scham meine Schmerzen nicht mehr wahrgenommen. Ein paar Sekunden lang.
Der Oberarzt entschied dann, dass ich so schnell wie möglich operiert werden müsse und gleich als Erste in den OP solle. Na toll…  
Ich bekam einen Zettel in die Hand, auf dem die Risiken der OP beschrieben wurden, und wurde von der Krankenschwester zurück in mein Zimmer geschoben.
Dort habe ich mir heulend durchgelesen, was mir alles Furchtbares passieren könne. Bis Dr. Sunshine rein kam. Er hat mir lächelnd erklärt, das zwar etwas schiefgehen könne, das Risiko aber gering sei, denn „wir sehen ja, wo wir schneiden“. Und dann hat er mir noch zugezwinkert.
Eine Frage war für mich jedoch noch offen: Wer operiert mich eigentlich?
„Der Oberarzt, Dr. Soundso, und ich assistiere ihm dabei.“
Ja, was gibt es Schöneres! Nackt auf so einem eiskalten Stahltisch vor ihm zu liegen. Unter Vollnarkose, versteht sich.
Aber ich bin wirklich dankbar dafür, dass meine Tätowierung den Eingriff unbeschädigt überstanden hat. Und dafür, dass ohnehin alles komplikationslos verlief. Nicht nur hübsch, auch schlau, der Kerl ;-)
Von meinen Besuchern im Krankenhaus hat er übrigens noch den Beinamen „Fernseharzt“ bekommen, weil er genauso gut bei Emergency Room mitspielen könnte.Also erlag nicht nur ich seinem Charme... ;-)

*Name von der Redaktion geändert ;-)

1 comment:

Anonymous said...

... und ich studiere doch noch Humanmedizin, Deine Episode ist ein klarer Wink mit ...

ach logo, der Trend geht eh gerade zum Zweitstudium, ...

oder hol ich mir nur einen Doktor-Hut im $$-befreundeten Ausland

... kann ich mir ja am Wochenende überlegen ;-)

dgk